Wintermorgen
- akhaag
- 16. Dez. 2021
- 2 Min. Lesezeit

Ich sitze auf meinem Bett, mit einem warmen Tee in der Hand und schaue der Welt um mich herum beim Aufwachen zu. Ich sehe, wie in den Nachbarhäusern all die Lichter an- und ausgehen, wie die ersten Fahrräder aus dem Hof geschoben werden und höre dumpf ein paar Autotüren, die zugeschlagen werden. Die Berge im Hintergrund gucken schon leicht aus dem Nebel heraus und auch die Sonne zeigt sich zum ersten Mal ganz vorsichtig. Ich wärme meine Hände an der Teetasse, denn die Luft in meinem Zimmer ist noch etwas kühl – ich habe eben ein bisschen der frischen Morgenluft in mein Zimmer gelassen und mit ihr ist auch der Duft nach frischen Brötchen aus der Konditorei zu mir hereingezogen. Das gibt mir ein ganz gemütliches und heimeliges Gefühl. Gleich mache ich mir auch ein richtig schönes Frühstück, denke ich mir und muss schmunzeln.
Die Lichterkette um meinen Balkon färbt alles in ein warmes Licht und schimmert sogar etwas, weil sie noch nass ist vom Tau. Inzwischen ist es um diese Uhrzeit schon etwas heller, als noch im Dezember, für den sie eigentlich gedacht war. Aber sie hat mir so gut gefallen, dass ich sie einfach drangelassen habe. Ich mag es, wie sie ganz sanft vor sich hin leuchtet, denn sie passt damit ganz perfekt zur Stimmung um mich herum. Um diese Zeit ist alles noch so ruhig und fast ein bisschen verschlafen, als würde die Welt sich gerade erst warmlaufen für den Tag. Wie ein tiefes und ruhiges Luftholen, bevor der Tag dann richtig losgeht.
Als hätten sie meine Gedanken gehört, fliegen in dem Moment ein paar Wildgänse über meinem Haus vorbei und schnattern ganz laut – ich muss grinsen und fühle mich fast schon ein bisschen ertappt. Ihr habt Recht, die Ruhe des Morgens kann nicht ewig bleiben, dafür gibt es tagsüber viel zu viel Spannendes zu entdecken. Aber gerade genieße ich sie noch eine Weile, so lange sie da ist. Ich lasse mich heute langsam in den Tag hineingleiten, genau wie die Gänse es dort oben in der Luft tun. Sie fliegen so schön in Formation, als hätten sie sich vorher abgesprochen. Das beeindruckt mich jedes Mal aufs Neue, wie sie das machen. Dabei muss ich wieder daran denken, wie wir als Kinder immer die Serie „Nils Holgersson“ geschaut haben. Bei der Anfangsmelodie bin ich immer ein wenig traurig geworden, aber ich mochte die Serie trotzdem gerne. Mir hat es immer gefallen, wie Nils mit den Gänsen mitfliegen konnte, ganz frei und ohne Sorgen. Aber voller Leichtigkeit.
Und ich merke: Ein bisschen davon geben mir auch diese Morgenstunden jetzt gerade. Es fühlt sich so an, als würde die Welt in diesen Stunden nur mir gehören. Mir ganz allein. Als hätte ich noch einen weichen und liebevollen Schutzmantel um mich, der mich von allen Verpflichtungen und Terminen abschirmt. Der mir viel Geborgenheit schenkt und vor allem eine Menge Ruhe. Er ist so lange für mich da, wie ich ihn brauche, bevor ich der Welt und dem neuen Tag begegnen möchte. Und bis dahin kann ich erst einmal schön gemütlich meine Kräfte sammeln und warten, bis mein Tee genau die richtige Trinktemperatur hat.
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