Lust auf Leben
- akhaag
- 30. Mai 2022
- 2 Min. Lesezeit

In der letzten Zeit fühlt es sich endlich so an, als hätte ich mein Leben zurück. Das Leben „von früher“, das in den letzten Jahren immer weiter in die Ferne gerückt ist. Und mit diesem Gefühl macht sich eine große Portion Lebenslust in mir breit, bei der ich manchmal noch gar nicht weiß, wie ich mit ihr umgehen soll. Am liebsten würde ich alles auf einmal erleben: Ich will ausgehen, rausgehen und einfach wieder das Leben spüren. In gut gefüllten Cafés sitzen und auch mal den Eistee von meiner Freundin probieren, ohne dabei dieses leichte Herzklopfen und sorgenvolle Hintergedanken zu haben. Ich will Menschen begegnen und ihnen ins Gesicht schauen – und zwar das Ganze. Ich will auf Festivals gehen, den Bass in meinem Körper fühlen und mich in der Menge darüber aufregen, dass mir jemand auf meine neuen Schuhe getreten ist. Ich will auch mal Menschen, die ich vielleicht nicht so gut kenne, umarmen, ohne jedes Mal abwägen zu müssen, ob sich das Risiko jetzt gerade „lohnt“. Und vor allem möchte ich mich wieder unbeschwert fühlen und nicht bei jeder schönen Unternehmung Angst haben müssen, dass sich diese wenigen Stunden Leichtigkeit später doch noch „rächen“ werden.
Diese Freiheiten langsam wiederzubekommen, hat mir in den vergangenen Wochen erst gezeigt, wie ausgehungert ich mich davor eigentlich gefühlt habe. So sehr, dass es mir teilweise noch schwerfällt, das richtige Maß zu finden. Denn mit den neu gewonnenen Möglichkeiten, bin ich manchmal eben auch über meine Grenzen gegangen, weil da immer wieder diese Stimme in mir ist, die sagt: Ausruhen kann ich mich auch noch später, wer weiß wie lange das jetzt noch so geht? Doch gleichzeitig merke ich, dass ich dieser Stimme eben auch nicht immer glauben darf, weil ich heute weiß, wie wichtig es ist, dass ich gut auf mich aufpasse. Und dass ich zwischendurch Ruhepausen und Zeit für mich brauche. Also lerne ich gerade erst mal wieder, meine Grenzen für mich neu abzustecken. Es ist ein Ausprobieren, eine Gratwanderung, mit ein paar Schritten nach vorn und auch ein paar wieder zurück. Der Rahmen, in dem ich mich in den letzten Jahren bewegt habe, war schließlich so klein, dass ich gar nicht mehr so richtig weiß: Wie viel kann und will ich unternehmen? Was davon tut mir gut und gibt mir etwas? Und wie viel Zeit brauche ich dazwischen nur für mich? All das sind Fragen, die ich mit der Zeit klarer sehen werde. Die ich jetzt endlich wieder herausfinden kann und vor allem auch will – und alleine, dass das jetzt wieder möglich ist, macht mich unheimlich froh.
Comments